New Time, new Work: Weshalb neues Arbeiten neue Räume braucht

Wer von "New Work" spricht, meint damit in der Regel agil, vernetzt, kreativ und kollaborativ zu arbeiten
30.01.2019
Kerstin Boll
Businesskompetenz
Inhalt

Einblick in "New Workspace Playbook", das Buch von Dark Horse Innovation

Wer von "New Work" spricht, meint damit in der Regel agil, vernetzt, kreativ und kollaborativ zu arbeiten. Während in einigen Unternehmen der Blick schon in die Zukunft gerichtet ist, fragen sich andere, wo denn dieses neue Arbeiten überhaupt stattfindet.

Mit dem neuen Arbeiten ist es so wie mit den meisten großen Veränderungen: Das Neue beginnt klein und unerkannt. Eine ganze Weile existiert es neben dem Althergebrachten. Es wächst und dehnt sich aus, bis es sich endgültig durchsetzt. Wer sich umsieht, kann parallele Wirklichkeiten ausmachen: Einige wollen von New Work noch nichts wissen. Einige haben sich auf den Weg gemacht. Und einige sind schon da.

Was haben die Vorreiter gesehen, was sie zu der Veränderung bewegt?

Der Charakter des neuen Arbeitens

Die Autoren des Buches sagen dazu: "Der Schwerpunkt unserer Arbeit verlagert sich von Routinetätigkeiten zu Nichtroutinetägigkeiten, die eher den Charakter von Problemlösungen haben und ein kreatives Vorgehen erfordern." Außerdem stellten Mitarbeiter neue und höhere Anforderungen an die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Ein Fokus auf Wohlfühlen und eine Vermischung von Arbeit und Leben seien die Konsequenz.

Zudem entwickelten sich Austausch und Kommunikation zum vorrangigen Arbeitsmodus: Maschinen seien einerseits nicht in der Lage, uns diese Tätigkeiten abzunehmen. Andererseits sei die Zukunft immer weniger planbar und erfordere ständige Anpassungen und damit Kommunikation.

Vor dem Hintergrund wird künftig das Zusammenarbeiten von Networking, Teamarbeit, Kreativität, Wohlgefühl, Agilität und Identität mit dem Unternehmen geprägt sein.

All diese Faktoren wirken sich auf die Konzeption von Büroräumen aus. Um eine Idee davon zu geben, was sich dahinter verbirgt, nimmt der Artikel das Networking unter die Lupe.

Austausch, Networking: Damit Informationen fließen

Beim Prinzip des Austauschs oder Networkings geht es vor allem um den Informationsfluss. Dieser hat zwei Seiten.

Auf der einen Seite steht der zielgerichtete, effiziente Informationsfluss. Er sorgt dafür, dass das richtige Wissen schnell bei der richtigen Person ankommt.

Auf der anderen Seite rückt der ungerichtete Informationsfluss in den Blick. Manche sprechen abfällig vom "Plausch an der Kaffeemaschine", doch oft ist es genau dieser Gedankenaustausch in entspannter Atmosphäre, der den zündenden Funken springen lässt. Diese Art des Informationsflusses fördert Kreativität und Innovationsfähigkeit.

Die Praxis: Meetingkultur

In der heutigen Praxis jedoch tauschen wir uns jedoch vornehmlich in Meetings aus. Die Kollegen verabreden sich einmal, wöchentlich oder monatlich für 30, 60 oder 90 Minuten. Sie blockieren damit einen großen Teil ihrer Zeit und Arbeitsfähigkeit. Was ist, wenn für den einzelnen Mitarbeiter nur 10 oder 15 Minuten interessant und wichtig sind? Den Rest der Zeit sitzt er ab. Aller Voraussicht nach bleibt er dennoch im Meeting, denn es gehört sich so. Man geht nicht einfach.

Nicht ohne Grund sind vielen Mitarbeitern die ungezählten Meetings ein Dorn im Auge. Effizienz hat ein anderes Gesicht. Wäre es nicht geschickter, einmal eine "Business Cocktailparty" zu veranstalten? Bei dieser Form des Austauschs ruft man die Kollegen zusammen und überlässt es ihnen, mit wem sie reden. Der selbstbestimmte, unstrukturierte Austausch ist dazu geeignet, viel relevante Information in kurzer Zeit zu teilen.

Zeitgleich entsteht Raum für den unstrukturierten Austausch. Das ist gut so, denn Innovationen und Entdeckungen leben vom Zufall.

Die Business Cocktailparty hat ihre virtuelle Entsprechung in Systemen wie Facebook oder LinkedIn. Doch zurück zu den Büroräumen: Wie sollten sie für den ungestörten Informationsfluss gestaltet sein?

Büroräume

Der Wunsch nach mehr Kommunikation ruft nach offenen Büroräumen. Der erste und einfachste Schritt ist, alles trennende einfach abzubauen – also Wände und Türen. Die Räume, die dabei entstehen, sind meist ungemütlich. Keiner mag sich dort aufhalten.

Zalando in Berlin zeigt, wie es anders gehen kann: Statt einer einheitlich durchkomponierten Gestaltung, die an Legebatterien erinnert, sind die Flächen unterschiedlich groß und formal. Hier ist ein typischer Schreibtisch eingerichtet, dort ein loungeartiger Bereich. Die Arbeitsplätze sind individualisiert, so weit das möglich ist. Grünpflanzen stehen bei den Mitarbeitern hoch im Kurs.

Wer sich in den Raum stellt, sieht, dass die Raumteiler nicht höher sind als hüft- oder brusthoch. Stehend hat man also den Überblick. Gutes Licht tut ein Übriges.

Treffpunkte

Steve Jobs hat die Welt häufig mit radikalen Ideen überrascht, so auch mit dieser: Als das Pixar-Gebäude geplant wurde, sorgte er dafür, dass die Begegnungsräume rund um die Toilettenräume angelegt wurden. Auch der schlimmste Stubenhocker und Eigenbrötler – so die Idee – muss irgendwann im Laufe des Tages zum stillen Örtchen – und trifft unterwegs auf Kollegen.

Steve Jobs hat sich das "Müssen" zunutze gemacht. Doch unter welchen Bedingungen wollen sich Mitarbeiter freiwillig sehen?

Von je her schafft das Angebot von Essen und Trinken etwas Verbindendes, und zwar über alle Kulturen hinweg. Allerdings sind die hiesigen Tee- und Kaffeeküchen regelmäßig zu klein. Ist einem Unternehmen ernsthaft an Austausch gelegen, sind Flächen gefordert, die abteilungsübergreifend Kommunikation ermöglichen. Eine Kantine ist meist zu groß. Mit Flächen, die 100 bis 250 Menschen aufnehmen, lässt sich arbeiten.

Erwartungen, Arbeitsbilder

Große, individualisierte Büros und großzügige Kaffeeküchen alleine garantieren noch keinen Austausch. Die Autoren sprechen sich dafür aus, Orte zu schaffen, an denen sich die Mitarbeiter gerne niederlassen, weil sie gemütlich sind.

"Das wird ja immer schöner!", mag mancher denken. Haben wir Mitarbeiter es nicht über Jahre gelernt, effizient mit der Arbeitszeit umzugehen – zugunsten der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit unseres Arbeitgebers? Und jetzt soll gemütliches Kaffeetrinken das Gebot der Stunde sein?

Hier zeigt sich, dass die neue Arbeitswelt auch neue Bilder in den Köpfen erfordert. Eine angenehme Umgebung bildet keinen Widerspruch zu intensivem Arbeiten. Jüngeren Mitarbeitern ist der Gedanke oft vertraut. Viele Ältere dürfen sich von der Vorstellung lösen, dass produktives Arbeiten an den Schreibtisch gebunden ist.

Die Büroflächen, die wir heute nutzen, wurden überwiegend geplant und gebaut, als noch niemand an New Work gedacht hat. Im Ergebnis müssen sich Mitarbeiter heute vielfach um die Flächen herum organisieren. Falls in Ihrem Haus ein Umzug oder Umbau ansteht, ist das die Chance, Weichen für moderne Arbeiten zu stellen.

Unser Eindruck

Nicht immer ist es leicht, den Leser an der richtigen Stelle abzuholen. Wir müssen uns heute mit einem gewaltigen Plus an Informationen und schnelleren Informationsflüssen beschäftigen. Wohl wahr. Doch ist es nötig, dies einem Leser zu erklären, der ein Buch über moderne Arbeitsräume in die Hand nimmt? Ist nicht gerade die Einsicht der Antrieb, sich mit modernen Büros zu beschäftigen? Für Leser, die sich schon eine Weile mit Agilität und Digitalisierung beschäftigen, kann der Einstieg in die ersten Kapitel ermüdend sein.

Doch durchhalten lohnt. Je mehr der Leser in die weiterführenden Kapitel einsteigt, umso mehr darf er sich davon überzeugen, in welchem Umfang die Autoren das Wohl und Wehe des modernen Arbeitens beobachtet und durchdacht haben. Sie argumentieren überzeugend und demonstrieren tiefes Verständnis für die Abläufe und Notwendigkeiten.

Dankbar nimmt es der Leser außerdem zur Kenntnis, dass das Wohl der Mitarbeiter an erster Stelle steht. Das bedeutet: Wenn die Mitarbeiter die Büroräume nicht mögen, stimmt etwas mit den Büros nicht. Sehr gut! In der Vergangenheit musste man sich von Planern und Architekten viel zu oft anhören, dass modernes Leben und Arbeiten eben so ist und dass sich die Menschen bitteschön anpassen sollten.

In der Summe liefert das Buch vertiefte Einsichten über modernes Arbeiten und zugleich eine praktische Anleitung für die Umsetzung. Mehr noch: Es ist geradezu eine Anleitung für ein Change-Konzept. Von daher gilt: Leseempfehlung für jeden, der seine Büroräume umgestalten will, an praktischen Erfahrungen interessiert ist und die Fehler von Vorgängern vermeiden will.

Dark Horse Innovation, New Workspace Playbook. Das unverzichtbare Praxisbuch für neues Arbeiten in neuen Räumen. Taktiken, Strategien, Spielzüge. Murmann Publishers. new-workspace-playbook.de

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