Scrum im Überblick - so machst du dein Team produktiv

Scrum ist ein Framework aus dem Bereich des agilen Projektmanagements. Es zeichnet sich durch Iteration, kurze Zyklen im Feedback und eine klare Verteilung von Rollen im Team aus.
28.05.2020
Kerstin Boll
Kommunikations- und Interaktionskompetenz
Inhalt

Scrum ist ein Framework aus dem Bereich des agilen Projektmanagements. Es zeichnet sich durch Iteration, kurze Zyklen im Feedback und eine klare Verteilung von Rollen im Team aus. In diesem Artikel erfahren Sie, wie es funktioniert, was der Product Owner und der Scrum Master machen und welche Rolle die Entwickler spielen.


Was ist Scrum?

Die Idee lässt sich in wenigen Worten erklären: weniger ist mehr. Scrum unterstützt Teams dabei, Aufgaben in weniger Zeit und mit weniger Aufwand zu erledigen, um auf lange Sicht effizienter zu arbeiten. Ein Ziel ist dabei, die Projektarbeit zu rationalisieren, zu vereinfachen und zu verbessern. Diese Herangehensweise legt den Schwerpunkt ausschließlich auf die Aspekte, die echten Mehrwert schaffen. Dabei lässt sie alles Unnötige beiseite. Die Organisation ist bestimmt durch tägliche, kurze Meetings aller Teammitglieder (Daily Scrum), feste Zeiträume (Sprints) mit anschließenden Feedbackschleifen (Reviews) und eine klare Rollenverteilung (Product Owner, Scrum Master, Entwicklungsteam).

Auf der Grundlage eines agilen Mindsets bilden Werte und Prinzipien wie Commitment, Selbstorganisation, Transparenz und Iteration einen integralen Bestandteil des gesamten Prozesses.

„Scrum“: Bedeutung und Ursprung

Wie die meisten agilen Ansätze hat Scrum seinen Ursprung in der IT-Umgebung. Software-Projekte sind meist umfangreich, komplex und unübersichtlich. Den anfänglichen Aufgabenberg in handliche Einheiten zu zerlegen, das ist die Zielsetzung. Über Prozesse und Ablaufpläne trifft Scrum dabei keine Aussagen. Vielmehr stellt es ein Framework dar, innerhalb dessen Produkte und Projekte entstehen. Scrum ist eine Spielart des agilen Projektmanagements.

Nach einer geläufigen Definition ist Scrum ein „Regelwerk für die Zusammenarbeit von Teams. Dabei definiert das Modell Rollen, Meetings und verschiedene Artefakte, die Teams unterstützen, nach agilen Prinzipien zu arbeiten.“ (Quelle: https://digitaleneuordnung.de/)

Bis zur Mitte der 1990er Jahre waren Software-Projekte größer, anspruchsvoller und komplexer geworden als in den Jahren zuvor. Die Entwicklungsmethoden waren jedoch die alten geblieben.

Vielfach arbeiteten die Entwickler nach dem Wasserfallmodell. Dieses Modell folgt einer linearen Entwicklungsidee: Software-Projekte verlaufen in mehrere Stufen, wobei die Stufen nacheinander abgearbeitet werden. Ist eine Stufe abgeschlossen, folgt die nächste.

Zu Beginn eines Projekts werden die Anforderungen an die künftige Software detailliert erfasst. Es folgen die Stufen Entwurf, Implementation und Überprüfung. Mit der Übergabe des Produkts an den Kunden beginnt die Wartung.

Laut einer Studie der Standish Group von 1994 scheiterte in der Zeit ein Drittel aller IT-Projekte. Nur 16 Prozent erreichten das angestrebte Entwicklungsziel ohne Mängel.

Die Mitarbeiter erbrachten unzählige Überstunden und kaum ein Projekt wurde rechtzeitig fertig. Alle waren unzufrieden.

Gesucht war deshalb ein flexibleres Arbeitsmodell, das mehr Effizienz versprach. Die beiden US-amerikanischen Software-Entwickler Jeff Sutherland und Ken Schwaber fanden Inspiration bei den Management-Vordenkern Ikujirō Nonaka und Hirotaka Takeuchi.

Die beiden Experten für Wissensmanagement führten in ihren Arbeiten einen Begriff aus dem Rugby ein: Scrum. Das steht für „Gewusel“ oder „Gedränge“ und spielt auf die überragende Bedeutung der Teamarbeit an. Bei neuen und komplexen Produkten, so ihre Idee, entstehen die besten Ergebnisse dann, wenn kleine Teams auf festgesetzte Ziele hinarbeiten. Auf ihren Etappen organisieren sich die Teams dabei selbst.

Sutherland und Schwaber experimentierten eine Weile mit eigenen Teams bis sie Scrum als Modell formalisiert hatten. Ken Schwaber stellte es 1995 auf der Oopsla-Konferenz in Texas vor.

Neben dem Fokus auf den Teams wurde ein zweiter Gedanke prägend für Scrum: Zu Beginn eines Projekts weiß niemand alle Details über das künftige Produkt, noch nicht einmal die Auftraggeber selbst. Alle Beteiligten lernen unterwegs, es ist unvermeidlich. Die Vorstellung, man könne zu Beginn eines Projekts alle Einzelheiten des zu entwickelnden Produkts ausarbeiten, widerspricht der praktischen Erfahrung. Scrum findet einen aktiven Umgang mit der Tatsache, dass die Details der Lösung nicht vorherzusehen sind.

Das Gesamtprojekt wird deshalb in Schritte unterteilt und in Etappen abgearbeitet, in den sogenannten „Sprints“. Während der gesamten Projektlaufzeit steht das Team in enger Abstimmung mit den Stakeholdern, inklusive der Auftraggeber. Die Arbeitspakete werden so geschnürt, dass die jeweils zu fertigenden Teile eines Sprints in sich abgeschlossen sind und produktiv genutzt werden können. Im Scrum Guide heißt es dazu:

„Scrum is founded on empirical process control theory, or empiricism. Empiricism asserts that knowledge comes from experience and making decisions based on what is known. Scrum employs an iterative, incremental approach to optimize predictability and control risk. Three pillars uphold every implementation of empirical process control: transparency, inspection, and adaptation. “ (https://www.scrum.org/)

Wo Scrum draufsteht, ist auch Toyota drin

Scrum wurzelt unter anderem im Lean Management. Dieses umfasst ist ein Bündel von Methoden, Prinzipien und Arbeitsweisen für Effizienz in der Produktion und überlegene Qualität in den Ergebnissen. Die Performance im Team und die Qualität der Ergebnisse sollen um das fünf- bis zehnfache steigen.

Benchmark für das Konzept ist Toyota. Der Automobilkonzern hat in Sachen moderne Arbeitsorganisation und -prozesse Maßstäbe gesetzt, und das über Jahrzehnte. „Kanban“ oder „Just in Time“ etwa gab es schon seit Jahrzehnten. 1978 veröffentlichte Ingenieur und Produktionsleiter Taiichi Ohno sein Buch „Das Toyota-Produktionssystem“. Darin entwickelte er bestehende Konzepte systematisch weiter und ergänzte sie.

Die Anstrengungen bei Toyota hatten einen triftigen Grund: Der Konzern stand im Wettbewerb mit der amerikanischen Autoindustrie. Man wollte sich keine Verschwendung leisten. Im Vorwort zur amerikanischen Ausgabe heißt es:

„The starting concept of the Toyota production system was, as I have emphasized several times, a thorough elimination of waste.“ (aus: Toyota Production System).

Mit „Scrum The Toyota Way“ machte Toyota in der Management-Welt ein weiteres Mal auf sich aufmerksam. Neu hinzugekommen waren Ideen wie die psychologische Sicherheit der Mitarbeiter, aktives Zuhören oder Mentoring sowie sozialpsychologische und organisatorische Aspekte.

Im „Toyota Flow System“ (TFS) von Nigel Thurlow, John Turner und Brian Rivera ist die Anlehnung an agile Frameworks deutlich spürbar.

Was genau sind…

… die Grundpfeiler von Scrum?

Angeblich lässt sich das Scrum auf einem DIN-A4-Blatt festhalten. Die Einfachheit und Übersichtlichkeit machen einen Großteil seiner Popularität aus. Scrum steht auf drei Grundpfeilern:

  • Transparenz

Das gesamte Team muss in der Lage sein, den Fortschritt aller Arbeiten und Aufgaben nachzuvollziehen.

  • Überprüfung

Kontrollen und Feedback sind jederzeit möglich.

  • Anpassung

Das Feedback ist der Ausgangspunkt für die laufenden Anpassungen während des gesamten Entwicklungsprozesses.

In die Praxis übersetzen sich diese drei Säulen mittels Rollen, Artefakten und Aktivitäten.


… die Scrum-Rollen?

  • Product Owner

Der Product Owner ist für den wirtschaftlichen Erfolg des Projekts verantwortlich und vertritt die Interessen der Anwender und Stakeholder.

  • Entwicklungsteam

Das Entwicklungsteam liefert das Produkt mit allen Funktionen in der geforderten Qualität. Es besteht aus Mitarbeitern unterschiedlicher Disziplinen.

  • Scrum Master

Der Scrum Master ist Moderator und Dienstleister für das Projektteam. Er sorgt dafür, dass das Team ungestört arbeiten kann.


… die Scrum-Artefakte?

  • Product Backlog

Das Backlog hält die Anforderungen an das Produkt fest soweit aktuell bekannt. Es wird laufend angepasst.

  • Sprint Backlog

Von den Anforderungen, die im Product Backlog hinterlegt sind, werden Aufgabeneinheiten abgeleitet. Sie werden in festgelegten Zeiträumen, in Sprints, bearbeitet und abgeschlossen. Sie sind für alle Beteiligten transparent.

  • Product Increment

Gemeint ist das Zwischenprodukt, das nach Ablauf eines Sprints an den Product Owner geliefert werden.

… die Scrum-Aktivitäten?

  • Sprint Planning

Schnüren eines Aufgabenpakets für einen Sprint bei gleichzeitigem Festlegen des Entwicklungsteams.

  • Daily Scrum

Tägliches Meeting zum Review: Abstimmung über den Stand der Entwicklung und mögliche Hindernisse bei der Entwicklung.

  • Sprint Review

Abgleich der gelieferten Ergebnisse mit dem Sprint Backlog: In welchem Umfang wurde das Entwicklungsziel aus der Sicht des Product Owners erreicht?

  • Sprint Retrospektive

Manöverkritik im Team: Wie lässt sich die bisherige Arbeitsweise verbessern?

  • Produkt Backlog Refinement

Inwiefern lässt sich das zu entwickelnde Produkt auf Basis neuer Erkenntnisse verbessern?

Was genau macht eigentlich…

… der Product Owner?

Der Product Owner übernimmt sechs verschiedene Aufgaben und Verantwortungsbereiche:

  • Interessen der Stakeholder

Der Product Owner ist verantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg und damit für die Produkteigenschaften und -funktionen.

  • Produkteigenschaften

Dazu fragt er die Wünsche der Kunden und Nutzer ab. Er übersetzt sie in Produkteigenschaften und vertritt diese verantwortlich gegenüber dem Entwicklungsteam.

  • Priorisierung und Aufgabenzuweisung

Der Product Owner legt die Reihenfolge für die Bearbeitung der Arbeitspakete fest und weist die jeweils anliegenden Aufgaben dem Entwicklerteam zu.

  • Kontrolle

Dabei kontrolliert er die Funktionalität zum Ende eines jeden Sprints. Er entscheidet, ob der Kunde zu einer Präsentation hinzugezogen werden soll oder ob Nachbesserungen nötig sind.

  • Backlog

Auch das Backlog liegt in der Verantwortung des Product Owners. Er schreibt es laufend fort und entwickelt es weiter. Grundlage dazu sind User Stories, aus denen die Entwickler ihre Aufgaben ableiten können. Die Stories bringen die Anforderungen an die Lösung in wenigen Sätzen auf den Punkt.

… der Scrum-Master?

Vereinfacht gesagt sorgt der Scrum Master dafür, dass das Entwicklerteam ungestört arbeiten kann. Er ist weder hierarchisch übergeordnet noch Dienstbote, sondern übernimmt Management-Aufgaben jenseits des klassischen Projektmanagements. Er ist Trainer, Moderator, Assistent und Vermittler und als solcher für die Organisation und Abläufe zuständig. Im Einzelnen heißt das:

  • Training und Coaching der Beteiligten & Etablieren von agilen Methoden

  • Einhalten der Prozesse & Eingreifen, wenn das Team gegen die Regeln verstößt

  • Überprüfen der Artefakte

  • Moderieren und Organisieren der Meetings

  • Kommunikation und Mediation in Konflikten

  • Teambildung

  • Beseitigen von organisatorischen Hindernissen & Bereitstellen von Ressourcen

  • Arbeitsfähigkeit des Teams schützen, Fokus ermöglichen, Hindernisse ausräumen

Insgesamt fördert der Scrum Master die Qualität und Effizienz der Zusammenarbeit. Insofern wirkt er auf das Produkt ein, ohne inhaltlich daran zu arbeiten.

… das Entwicklungsteam?

Die Selbstorganisation ist ein zentrales Anliegen von Scrum. Das Team erhält Vorgaben über Arbeitspakete und Zieltermine. Über den Weg zum Ziel entscheidet es selbst und trifft dabei eigenständig fachliche Entscheidungen. Innerhalb des Teams existieren keine Hierarchien. Als ideal gelten Teamgrößen von sieben bis zehn Mitgliedern.

Nach dem Sprint ist vor dem Sprint

Nach Abschluss eines Sprints entscheidet der Product Owner über die Arbeitsergebnisse. Inwieweit sind sie im Sinne der Auftraggeber umgesetzt? Für seine Bewertung greift er auf die „Definition of Done“ zurück. Gemeint sind Kriterien, die „fertig“ definieren. Sind sie erfüllt, gilt die Aufgabe als erledigt. Der Product Owner kann die Auslieferung stoppen, wenn die Kriterien nicht erfüllt sind und Nachbesserungen einfordern.

Fazit: Vorteile von Scrum

Scrum bewirkt effizienteres Arbeiten. Es reduziert den Arbeitsaufwand und orientiert sich stärker an den Wünschen der Stakeholder. Wertvolle Ressourcen wie Arbeitszeit werden eingespart und unwesentliche Aspekte sowie solche, die den Prozess unnötig verlangsamen können, werden ignoriert. Darüber hinaus fördert Scrum selbstorganisierte Teamarbeit.

Abgesehen davon erleichtert es die Kundenorientierung. Tägliche Updates und Feedbackschleifen nach und vor den Sprintphasen sowie ein inkrementeller Ansatz verbessern die Koordination mit den Kunden. Scrum eignet sich für Frühstarter. Scrum ermöglicht es, bereits zu starten, auch wenn noch nicht alle Anforderungen definiert sind oder mögliche Änderungen noch auftreten können.

Scrum bedeutet auch Transparenz. Es verbessert die Zusammenarbeit und den Austausch innerhalb des Teams durch regelmäßige Besprechungen und eine offene Meetingkultur. Es erhöht auch die Reaktionsbereitschaft. Mit Hilfe von Scrum bleibt das Team flexibel und offen für Veränderungen. Scrum ist gelebte Agilität!

Darüber hinaus beschleunigt es die zeitnahe Realisierung neuer Produktfunktionen oder -erweiterungen: Die Durchlaufzeiten von Projekten sind mit Scrum oft kürzer als mit klassischen Ansätzen.

Schließlich verbessert Scrum kontinuierlich die Prozessabläufe und hilft, Probleme schneller zu erkennen.

Weiterbildung mit der Pink University

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Quellen

Die Geschichte von Scrum – eine Erfolgsstory, Agiles Projektmanagement.org

Die Geschichte von Scrum, ScrumGuide.de

Grundidee: Entwickeln in Inkrementen, Agiles Projektmanagement, Scrum-Master.de

Toyota Flow System, On Lean and Agility, http://www.lean-agility.de/2019/10/toyota-flow-system.html

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