Wie Sie die Lernkultur in Ihrem Unternehmen steigern

Wege, eine positive Lernkultur in Ihrem Unternehmen zu fördern - eine angenehme Atmophäre schaffen
25.07.2018
Kerstin Boll
Businesskompetenz
Inhalt

Vier Wege, eine positive Lernkultur in Ihrem Unternehmen zu fördern 

Inzwischen hat die Technologie jeden Winkel unseres Lebens verändert – das private ebenso wie das berufliche. Zugleich hat sich die Erwartung an die Fähigkeiten von Mitarbeitern und Führungskräften gewandelt: Eine Auswertung bei LinkedIn etwa zeigt, dass die Hälfte der heute am meisten gesuchten Fähigkeiten vor drei Jahren noch gar nicht auf der Liste waren.
Für uns bedeutet das: Für einen positiven Verlauf der persönlichen Karriere zählen vor allem intellektuelle Neugier und die Lernfähigkeit. Beschäftigungsfähig bleibt, wer in der Lage ist, sich schnell zu verändern und sich neue Fähigkeiten anzueignen. Das, was einer weiß, ist weniger wichtig als das, was einer lernen kann. Entscheidend ist weniger die Antwort als die richtige Frage.

Es überrascht deshalb wenig, dass Unternehmen wie Google, American Express und Bridgewater Associations das Lernen zum integralen Bestandteil ihres Talent Managements gemacht haben. Der Industrie-Analyst und Gründer von Bersin by Deloitte Josh Bersin kommentiert: "Der stärkste singuläre Treiber für erfolgreiches Geschäft ist die Stärke der Lernkultur einer Organisation" (Anm.: Übersetzung der Autorin). Eine echte Lernkultur definiert CEB als eine "Kultur, die ein offenes Mindset, die unabhängige Suche, geteiltes Wissen ... mit der Mission und den Zielen einer Organisation" verbindet. CEB gehört zur Gartner Group (Anm.: Übersetzung der Autorin).

Die Lernkultur in Unternehmen steigern bedeutet: höhere Wettbewerbsfähigkeit

Bis jetzt allerdings ist ein solches Szenario eher die Ausnahme als die Regel. Neuere Forschungsergebnisse belegen, dass ganze zehn Prozent der Organisationen auf eine Lernkultur im skizzierten Sinne verweisen können. Gerade einmal 20 Prozent der Angestellten überzeugen mit einem effektiven Lernverhalten. Bersin hat sich auf das Thema Lernkultur in Unternehmen spezialisiert und herausgefunden, dass eine positive Lernkultur die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens steigert. Mehr noch: Unternehmen, die ihre Belegschaft effektiv fördern, sind mit einer mindestens 30 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit Marktführer in ihrer Branche als andere – und das über einen längeren Zeitraum.

Vier wissenschaftlich überprüfte Empfehlungen für eine bessere Lernkultur in Ihrem Team oder in Ihrer Organisation:

Belohnen Sie beständiges Lernen

Es ist traurig, aber wahr: Selbst wenn sich Manager der Bedeutung des Lernens in der Theorie bewusst sind, sind sie in der Praxis doch oft mehr an kurzfristigen Ergebnissen und Leistungssteigerungen interessiert.

Per Definition ist die Leistungsfähigkeit dann am höchsten, wenn wir nicht lernen. Entsprechend schwer fällt es Angestellten und Mitarbeitern, Zeit und Raum zu lernen zu finden. Lernen und gleichzeitig Effizienz und Produktivität zu verbessern – das funktioniert eben nicht. Folgerichtig hat Bersin in einem Report festgestellt, dass sich unter 700 untersuchten Organisationen die durchschnittliche Zeit zum formalen Lernen pro Mitarbeiter und pro Woche auf ganze 24 Minuten beläuft.

Ohne formales Belohnungssystem wird es Ihnen deshalb kaum gelingen, substanzielle Veränderungen in Ihrem Team zu bewirken. Beachten Sie bitte auch, dass sie nicht nur das Lernen und Sich-Weiterentwickeln an sich belohnen. Daneben geht es auch darum, ein Arbeitsklima zu schaffen, das das kritische Denken fördert. Es muss für Mitarbeiter möglich sein, das Wort zu ergreifen und Autoritäten herauszufordern – selbst wenn erst einmal Dissonanzen entstehen. Die Kritikfähigkeit ist außerordentlich wichtig, wenn Sie ein Team formen wollen, das etwas Innovatives entwickeln kann.

Geben Sie substanzielles und konstruktives Feedback

Viele Organisationen haben sich auf einen grundsätzlich positiven Tonfall verständigt. So wollen sie erreichen, dass sich alle Mitarbeiter wohlfühlen und ihre Stärken entwickeln. Im Zuge dessen werden aus Fehlern und Schwächen "Wachstumspotentiale".

Vergessen Sie nicht, dass auch kritisches Feedback seine Berechtigung hat. Für jeden Menschen ist es schwierig, sich zu verbessern, wenn er sich seiner Grenzen unbewusst ist. Wie soll sich jemand infrage stellen, der völlig mit sich zufrieden ist – im Unternehmenskontext jedoch die notwendige Leistung vermissen lässt? Ein klares Wort ist der einfachste Weg, die Leistung eines Mitarbeiters zu steigern. Manager scheuen jedoch schwierige Aussprachen. Deshalb geben sie mehr positives als negatives Feedback.

Gerade wenn es um Neugier und Lernen geht, ist dies problematisch. Denn wenn Sie die Neugier antriggern wollen, weisen Sie am besten auf die Wissenslücke hin. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mitarbeiter weiß, was er nicht weiß, und dass er sich aus eigenem Antrieb auf den Weg macht.

Viele Menschen sind sich ihres Unwissens und ihrer Begrenzungen nicht bewusst. Zu allem Überfluss zweifeln oft die Klugen mehr an sich als andere. Führung und Feedback sind wichtig, damit auch diese über sich hinaus wachsen. Selbstverständlich muss das Feedback taktvoll und konstruktiv ausfallen. Dies ist wirklich eine Kunst, da Menschen lieber Lob und Zustimmung als Kritik annehmen – gerade in narzisstischen und individualistischen Kulturen.

Führen Sie per Vorbild

Ein weiterer entscheidender Treiber für eine positive Lernkultur in Unternehmen ist das Verhalten von Managern und Führungskräften. Besonders das, was Führungskräfte routinemäßig tun, hat einen starken Einfluss auf das Verhalten und die Leistung des Teams. Je erfahrener eine Führungskraft, desto stärker ist ihr Einfluss auf den Rest der Organisation.

Sie als Führungskraft sollten tun, was Sie predigen.

Wenn Sie etwas verändern wollen, fangen Sie bei sich an. Sagen Sie sich in Anlehnung an den Kant'schen Imperativ: Fragen Sie nicht, was Ihre Mitarbeiter für Sie tun können, sondern tun Sie es selbst.

  • Wenn Sie wollen, dass Ihre Mitarbeiter mehr lesen, lesen Sie selbst und sorgen dafür, dass Ihre Umwelt von Ihrer Lesefreude erfährt.

  • Wenn Sie wollen, dass sich Ihre Mitarbeiter neuen und herausfordernden Aufgaben stellen, gehen Sie voran.

  • Und wenn Sie wollen, dass sie kritische Fragen stellen, pochen Sie nicht auf Ordnung und Regeln.

Stellen Sie neugierige Menschen ein

Dieses Problem ist weit verbreitet: Manager konzentrieren sich auf das Training und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter und vergessen dabei ganz die Bedeutung einer sorgfältigen Mitarbeiter-Auswahl. Tatsächlich aber ist es immer einfacher, vorzubeugen als etwas zu heilen. Wenn die Personalauswahl gut funktioniert, sinkt der Aufwand für Training und Weiterbildung erheblich.

Training und Weiterbildung gestalten sich zudem einfacher, wenn Sie neugierige Menschen einstellen. Es ist immer einfacher, mit als gegen die Natur einen Menschen zu arbeiten. Wenn Sie neugierige Köpfe einstellen und dafür sorgen, dass ihre Rolle und ihre Aufgaben gut zueinander passen, dann müssen Sie sich um deren Lerneifer keine Sorgen machen.

Zum Glück sind die wichtigen Persönlichkeitsmerkmale aus Meta-Studien bekannt. Studien aus vielen Jahrzehnten lassen keinen Zweifel zu: Sind die Interessen und der Antrieb eines Menschen in Übereinstimmung mit den Anforderungen und der Kultur einer Organisation – steigt die Lernmotivation und zugleich die Leistung.

Lernkultur in Unternehmen fördern - am besten so

Wenn Sie die Neugierde und die Lernfreude Ihrer Mitarbeiter fördern wollen, sollten Sie sich nicht ausschließlich auf das formale Lern- und Entwicklungsprogramm verlassen. Stärken Sie positives Lernverhalten, geben Sie konstruktiv und kritisch Feedback und verbinden Sie den Willen zur Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter mit den richtigen Lernzielen.

Seien Sie darüber hinaus selbst neugierig und zeigen es. Und stellen Sie außerdem Menschen mit hohem Lernvermögen und einem hungrigen Geist ein. All das wird die Lernkultur in Ihrem Unternehmen steigern.

Quelle: Tomas Chamorro-Premuzic and Josh Bersin, 4 Ways to Create a Learning Culture on Your Team, Harvard Business Review, July 12, 2018

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